Der 'atypische' Gesichtsschmerz


Die Krankheit ist nicht häufig, aber auch keineswegs selten. Es sind eher Frauen als Männer betroffen.

 

Kriterien für den „atypischen“ Gesichtsschmerz

(gemäß der International Headache Society).

  • Täglich und über den größten Teil des Tages hinweg vorhanden.
  • Anfangs auf ein umschriebenes Gebiet einer Gesichtsseite beschränkt, dann weitere Ausbreitung auf Ober- oder Unterkiefer bzw. Gesicht und Hals. Der Schmerz ist dumpf und schlecht lokalisierbar.
  • Kein sensibles Defizit oder andere körperliche Befunde.
  • Apparative Untersuchungen des Kiefers oder Schädels ergeben keine pathologischen Befunde.

Fast immer ist den Schmerzen ein Eingriff im Bereich des Oberkiefers (zahnärztlich oder kieferchirurgisch) vorausgegangen.

Die Betroffenen machen häufig eine Odyssee an unbefriedigenden Arztbesuchen durch.

 

Wie kommt es überhaupt zu diesem Schmerz ?

Es kommt - vermutlich nur in einem kleinen Areal – des Gesichtsknochens oder des Operationsbereiches zu einem verstärkten Aussprossen von Schmerzfasern. Diese senden dauernd Signale ans Gehirn, dieses wiederum nimmt diese ständigen Signale immer bereitwilliger auf (sog. „Bahnung“ des Schmerzes) und projiziert den Schmerz auf einen viel größeren Teil des Gesichtes. Dort empfinden wir dann die Schmerzen.

 

Dieser Mechanismus hat Ähnlichkeiten mit Phantomschmerzen oder chronifizierten Kopfschmerzen. Eine Behandlung des „Herd“-Areals macht keinen Sinn mehr. Der Schmerz hat sich selbständig gemacht, er hat keine Warnfunktion mehr, er ist nicht mehr Zeichen einer Erkrankung, sondern die Erkrankung selbst. Es besteht eine sogenannte „Schmerzkrankheit“.

 

Therapie

Diese ist nicht einfach.

  • Wichtigstes Prinzip: keine weiteren operativen Eingriffe, wenn nicht ganz sicher unbedingt erforderlich.
  • Am Günstigsten: Zuziehung eines erfahrenen Schmerztherapeuten.
  • Vermeiden Sie eine Gewöhnung an Schmerzmittel. Besser ist eine Therapie mit speziellen anti­depressiven Medikamenten. (Diese sollen hier nicht eine Depression behandeln; die Antidepressiva wirken bei chronischen Schmerzen dieser Art schmerzlindernd.)

Weiters sinnvoll:

  • Akupunktur, Elektrotherapie (TENs)
  • vorbeugende psychologische Begleitung, um besser mit dem Stress des ständigen Schmerzes fertig zu werden. (Wir sagen jetzt modern dazu: Entwicklung con Coping-Strategien).

Bitte seien Sie nicht entmutigt: die Schmerzen können wochen-, sehr häufig auch monatelang anhalten. Sie sind oft schwer zu ertragen. Gottseidank verschwinden sie fast immer etwa innerhalb eines Jahres ebenso plötzlich wie sie gekommen sind.